<p>Schokoladenfiguren-Verpackungen</p>

Veröffentlichung im Wirtschaftskurier

Des Osterhasen schöne Kleider

Einwickelmaschinen: Wie kommen die Schoko-Figuren in ihre eng anliegenden Hüllen? Dahinter steckt höchste technische Perfektion, erläutert Tina Gerfer, Geschäftsführerin der Rasch GmbH. Mit den Hightech-Maschinen erobern die Kölner den Weltmarkt.

Schon mit 14 wollte Tina Gerfer Maschinen verkaufen – so sehr hatten sie die Besuche in der kleinen Fabrik des Großvaters beeindruckt. Dort wurden die Wunderwerke zusammengebaut, die dann zuverlässig und unermüdlich Pralinen, Schoko- Eier und Marzipanlaibe, Schoko- Nikoläuse und -Osterhasen mit bunter Alufolie umhüllten. Denn Wickelmaschinen für derlei Leckereien waren die Spezialität, mit der sich der Ingenieur Wilhelm Rasch und das nach ihm benannte Kölner Unternehmen einen Namen gemacht hatte. 

Rasch ist ein Paradebeispiel für die Stärke des deutschen Maschinenbaus mit seinen vielen kleinen Spezialisten, die ihre Kräfte voll auf ihre Anwendungsnische fokussieren. Ihr Bestreben, die Kundenbedürfnisse perfekt zu erfüllen und immer bessere Lösungen zu finden, treibt sie zu innovativen Spitzenleistungen. 

 Maßkleidung für Schoko-Figuren

Gerfer ist heute die Geschäftsführerin der Wilhel Rasch GmbH & Co. KG und zugleich die Chefverkäuferin. Vertriebserfahrung hat sie vorher allerdings in einer ganz anderen Branche gesammelt, nämlich in der Reitmode. Sie sieht da aber keinen so großen Unterschied: „Man muss hinter dem Produkt stehen und es verständlich erklären können, um die Kunden zu überzeugen.“ Um die richtigen Worte für den Maschinenverkauf zu finden, hat sie sich eben „in die Materie hineingekniet“.
Dabei sprechen die Leistungen der Rasch-Produkte von jeher für sich. 1950 startete der Ingenieur Rasch mit Otto Römmling als Partner das Unternehmen mit Temperiermaschinen, die Schokolade für den Gießvorgang auf dem richtigen Temperaturniveau halten. Bald kamen Verpackungsmaschinen, Massepumpen und beheizbare Schokoladepumpen
dazu. In den 60er- Jahren wartete Wilhelm Rasch nach unermüdlicher Tüftelei mit einer bahnbrechenden Innovation auf: einer Universalwickelmaschine, die – passend eingestellt – alle gängigen Faltarten und Produktformate beherrscht. Sie wird in modernisierter Form noch heute gebaut.

Ob Pralinen mit flachem Boden, Eier oder Kugeln, Fässchen oder Stiefel, ob massiv, hohl oder flüssig gefüllt, die Rasch-Maschinen können alles mit Folie einschlagen. Wenn nötig, bringen sie auch Banderolen oder an der Unterseite Deko-Accessoires an, wie die schwarzen Beinchen von Marienkäfern. Bei den Modellen der heutigen Generation geschieht das alles mit atemberaubender Geschwindigkeit.

Der neue Schnellläufer für flüssig gefüllte Pralinen und Schoko-Eier zum Beispiel schafft 400 Stück in der Minute, ohne dass die empfindlichen Süßigkeiten zerbrechen.

Trend geht zur einfachen Bedienung

Ständige Weiterentwicklung und ein aufmerksames Ohr für die Kundenbedürfnisse gehören zum Erfolgsrezept. „Der Trend geht zur möglichst einfachen Bedienung“, weiß Gerfer. Die Maschinen sind daher so konstruiert, dass der Kunde sie auch selbst umrüsten kann. Die neuesten Universalmaschinen werden nicht nur um 30 % schneller laufen als das Vorgängermodell, sondern sich darüber hinaus durch wesentlich kürzere Rüstzeiten auszeichnen. „Das bedeutet für die kostenbewussten Anwender bares Geld.“

Ein entscheidender Meilenstein in der Firmengeschichte war die Entwicklung einer Figuren- Wickelmaschine in den 70er-Jahren. Mit dieser Innovation des Gründers stieg der kleine Familienbetrieb zum Weltmarktführer für die Verpackung von Hohlfiguren aus Schokolade auf. Das Unternehmen zählt heute rund 60 Mitarbeiter und setzt um die 5 Mio. Euro um.

Der Konsument, der im Laden einen Schoko-Weihnachtsmann oder -Osterhasen kauft, macht sich kaum Gedanken darüber, wie der in sein eng anliegendes Alu-Gewand kommt. Dahinter steckt jedoch höchste technische Präzision. „Einerseits ist genug Druck erforderlich, damit die Folie straff sitzt, andererseits darf sie nicht zwicken, damit die Figur nicht bricht“, erklärt Gerfer. „Das ist wie bei einem guten Kleidungsstück, das wie angegossen passt.“ Natürlich darf die Folie auch nicht reißen. Und die bedruckten Folienflächen, die zum Beispiel Kopf, Mütze, Mantel und Füße repräsentieren, müssen an der richtigen Stelle sitzen. „Bei Hohlfiguren kauft das Auge mit“, sagt Gerfer. „Wenn sie toll verpackt sind, gibt der Kunde auch etwas mehr aus.“

Der Ästhetik zuliebe hat das Unternehmen die gesiegelte Nahtverpackung entwickelt, die besonders glatt anliegt. Damit glänzt zum Beispiel der goldene Sitzhase von Lindt. Dabei ist die Folie an der Nahtstelle mit Siegellack beschichtet. Die Maschine drückt sie dort zusammen, die überstehende Folie wird mit einem Messer abgeschnitten. Um zu vermeiden, dass der Lack mit der Schokolade in Berührung kommt, ist höchste Genauigkeit gefordert.

Damit das Alu-Kleid später richtig sitzt, ist Rasch bei der Entwicklung der Schoko-Figuren von Anfang an dabei. Anhand von Plastikfiguren und Gipsmodellen wird manuell verpackt, um zu prüfen, ob die Figur überhaupt maschinell wickelbar ist. „Vier Beine gehen zum Beispiel nicht“, erklärt Gerfer. Aus den Wickeltests entsteht eine millimetergenaue Folienmaßskizze für den Auftraggeber. Zum Schluss kommt noch ein maschineller Testlauf, um wirklich sicherzugehen. Immerhin müssen 60 bis 80 kleinere Schoko-Hasen oder -Weihnachtsmänner pro Minute gewickelt werden, ohne dass einer beschädigt wird, bei großen heißgesiegelten Hohlfiguren 33 Stück.

Wie allgemein im Maschinenbau spielt auch bei Rasch die Software eine immer größere Rolle. Je mehr unterschiedliche Schoko-Produkte auf einer Maschine gefertigt werden sollen, desto mehr Programme sind notwendig. „Bei ihrer Entwicklung arbeiten wir eng mit einem mittelständischen Steuerungs- und Softwarehersteller zusammen, der uns die Grundprogramme zu günstigen Konditionen zur Verfügung stellt“, sagt Gerfer. „Wir sind für ihn ein interessanter Partner, der das Können der Software-Ingenieure immer wieder neu herausfordert.“


Auf Preiskriege lässt sich Rasch nicht ein. „Wir definieren uns über andere Werte: Qualität, Zuverlässigkeit und Kundennähe“, erklärt Gerfer. Die Anwender danken es mit Treue: 85 % sind Bestandskunden, darunter so bekannte Markenhersteller wie Nestlé und Lindt, Ferrero und Mars. Dazu trägt auch der umfassende Service nach dem Kauf bei, den Rasch seinen Kunden bietet. Ein fünfköpfiges Team ist weltweit unterwegs, um Maschinen zu warten und zu reparieren. Und in Köln werden nicht nur die neuen Modelle gebaut, sondern auch Veteranen, die seit Jahrzehnten ihren Dienst tun, überholt, modernisiert, erweitert und automatisiert. Auch diese Anti-Aging-Maßnahmen sind ein Stück Innovation.

Zum After-Sales-Geschäft, das rund ein Drittel des Umsatzes ausmacht, gehört zudem der Handel mit gebrauchten Rasch-Maschinen. Um potenzielle Anwender auf Rasch aufmerksam zu machen, greift Gerfer gern zu, wenn sich eine günstige PR-Gelegenheit bietet. „Drei, vier neue Kunden“ hat zum Beispiel der Beitrag im „Lexikon der Weltmarktführer“ gebracht, und eine für Rasch „sonst unbezahlbare Medienpräsenz“, ein Bericht der Deutschen Welle, der auf Englisch und Arabisch im Lufthansa- Bordfernsehen lief.

DR. RAINER BURKHARDT